Zwischenverfahren im Strafrecht: Anwalt Hamburg und Berlin

Mit der Anklage durch die Staatsanwaltschaft endet das Ermittlungsverfahren, es beginnt das Zwischenverfahren.

Das zuständige Gericht überprüft im Zwischenverfahren, ob ein hinreichender Tatverdacht gegen den Angeschuldigten besteht und sämtliche Verfahrensvoraussetzungen vorliegen, die für eine mögliche Hauptverhandlung notwendig sind. Das Zwischenverfahren ist auch die letzte Möglichkeit, die Hauptverhandlung doch noch zu vermeiden, denn am Ende des Zwischenverfahrens entscheidet das Gericht über die Eröffnung oder Nichteröffnung des Verfahrens (§§ 203, 204 StPO).

Strafverfahren: Zwischenverfahren mit Eröffnungsbeschluss oder Nichteröffnungsbeschluss

Hauptverhandlung vermeiden

Im Zwischenverfahren ist schon eine Beweisaufnahme möglich, z.B. durch die Einholung eines Gutachtens eines Sachverständigen. Dadurch kann die Hauptverhandlung noch abgewendet werden durch eine Nichteröffnung.

Das zuständige Gericht

Die Staatsanwaltschaft klagt das Strafverfahren bei dem zuständigen Gericht an.

Aber welches Gericht ist überhaupt zuständig? Während die örtliche Zuständigkeit häufig unproblematisch ist (§ 7 ff. StPO), verhält es sich anders mit der sachlichen Zuständigkeit.

Nach Nr. 113 RiStBV kann die Staatsanwaltschaft eine Sache, für die das Schöffengericht zuständig ist, ausnahmsweise unmittelbar zum Landgericht anklagen

  • wegen der besonderen Bedeutung der Sache, die sich etwa aus dem Ausmaß der Rechtsverletzung oder den Auswirkungen der Straftat, z.B. nach einer Sexualstraftat, ergibt (Abs. 1) oder
  • wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit von Verletzten der Straftat, die als Zeugen in Betracht kommen (Abs. 2).

Dadurch wird der Instanzenzug verkürzt, was für den Angeschuldigten in der Regel negativ ist, denn er „verliert“ die Tatsacheninstanz am Amtsgericht, wenn vor dem Landgericht die einzige Beweisaufnahme stattfindet und gegen dessen Urteil nur die Revision zulässig ist. Das Ausmaß der Rechtsverletzung, die Auswirkungen der Straftat und die besondere Schutzbedürftigkeit von Zeugen sind allesamt auslegungsbedürftige Rechtsbegriffe, die man argumentativ in die eine oder andere Richtung auslegen kann.

Verfahrensvoraussetzungen

Das Vorliegen der positiven bzw. negativen Verfahrensvoraussetzungen (auch Prozessvoraussetzungen genannt) sind im gesamten Strafverfahren (von Amts wegen) zu beachten – so auch im Zwischenverfahren. Sind diese nicht erfüllt, besteht ein Verfahrenshindernis, was zur Folge hat, dass keine Sachentscheidung ergehen darf.

Relevante positive Verfahrensvoraussetzungen sind

  • deutsche Gerichtsbarkeit
  • örtliche und sachliche Zuständigkeit des Gerichts
  • Strafmündigkeit und Verhandlungsfähigkeit des Angeschuldigten
  • wirksamer Strafantrag und wirksame Anklage

Relevante negative Verfahrensvoraussetzungen sind

  • keine anderweitige Rechtshängigkeit
  • keine entgegenstehende Rechtskraft
  • keine Verjährung

Antrag auf Nichteröffnung des Hauptverfahrens

Zwar geht die Staatsanwaltschaft bereits von einem hinreichenden Tatverdacht aus, doch das Gericht hat freilich eine eigene Bewertung vorzunehmen. Auf diese Überprüfung sollte die Verteidigung Einfluss nehmen und die Verurteilungsprognose der Staatsanwaltschaft entkräften durch einen Antrag auf Nichteröffnung des Hauptverfahrens.

Beweiserhebung

Bevor das Gericht über die Eröffnung des Hauptverfahrens entscheidet sind gemäß § 202 StPO weitere Beweiserhebungen möglich. Allein aus verfahrensökonomischen Gründen ist es sinnvoll, geplante Sachverständigengutachten schon im Zwischenverfahren einzuholen. Einerseits hängt vom Ausgang des Gutachtens regelmäßig der Tatverdacht direkt ab und andererseits dauert deren Einholung oftmals viele Monate, so dass die Hauptverhandlung ausgesetzt und wieder von Neuem begonnen werden müsste.

Rechtsanwalt Mirko Laudon LL.M.

»Am Ende wird alles gut.
Wenn es nicht gut wird,
ist es noch nicht das Ende.«

Rechtsanwalt Mirko Laudon LL.M., Fachanwalt für Strafrecht und Strafverteidiger in Hamburg und Berlin

Dieser Argumentation kann sich kaum ein Gericht verschließen, so dass wir einen Antrag auf ein aussagepsychologisches Gutachten spätestens im Zwischenverfahren beantragen.

Einstellung im Zwischenverfahren

Auch im Zwischenverfahren ist noch eine Einstellung gemäß §§ 153 ff. StPO möglich, wenn das Gericht harte Überzeugungsarbeit leistet und der Staatsanwaltschaft die notwendige Zustimmung abringen kann, obwohl diese sich gerade für eine Anklage entschieden hatte. Dennoch sind Gerichte hier oft erfolgreicher als Verteidiger, so dass es sinnvoll sein kann, das Gericht gegen die Staatsanwaltschaft ins Boot zu holen, um eine beidseits überflüssig erscheinende Hauptverhandlung zu vermeiden.

Eröffnung oder Nichteröffnung des Hauptverfahrens

Erscheint der Angeschuldigte nach Bewertung des zuständigen Gerichts (nach wie vor) der vorgeworfenen Straftat hinreichend verdächtig und liegen die Verfahrensvoraussetzungen vor, beschließt das Gericht nach § 203 StPO die Eröffnung des Hauptverfahrens.

Das zuständige Gericht beschließt durch Eröffnungsbeschluss, das Hauptverfahren zu eröffnen, sofern aus den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens hervorgeht, dass der Beschuldigte hinreichend verdächtig erscheint, eine Straftat begangen zu haben. Er gehört zu den wesentlichen Förmlichkeiten des Strafverfahrens.

Lehnt das Gericht hingegen die Eröffnung des Hauptverfahrens – ganz oder teilweise – ab, steht der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluss die sofortige Beschwerde zu.

Aus diesem Grund schrecken viele Gerichte vor der Nichteröffnung zurück, denn niemand lässt sich vom Beschwerdegericht gerne in die Schranken weisen oder gar den Eröffnungsbeschluss abnehmen. Deshalb enden über 99% der Zwischenverfahren mit der Eröffnung des Hauptverfahrens. Eigentlich ein unhaltbarer Zustand, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht darauf zurückzuführen ist, dass die Staatsanwaltschaft stets so gründlich arbeitet, dass eine Verurteilung bei fast allen Anklagen als wahrscheinlich gilt.1

Vielmehr führt die Beschwerdepraxis der Staatsanwaltschaft dazu, sich Richterinnen bzw. Richter so zu erziehen, dass Verfahren auch ohne Verurteilungsprognose eröffnet werden, die dann aber überwiegend in einem Freispruch oder zumindest einer Einstellung enden.

Rechtsanwalt Mirko Laudon LL.M.

Rechtsanwalt Mirko Laudon LL.M. ist Fachanwalt für Strafrecht und Strafverteidiger. Seine Kanzlei sitzt in Hamburg und Berlin, wobei er für seine Mandanten bundesweit tätig ist – in allen Instanzen und an allen Gerichten. Trotz dieser geringen Chance von unter 1% konnte Rechtsanwalt Mirko Laudon LL.M. schon mehrfach die Eröffnung erfolgreich verhindern.

Kompetenz im Strafverfahren und im Zwischenverfahren – Mirko Laudon LL.M., in: Burhoff (Hrsg.): Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren und die strafrechtliche Hauptverhandlung (2025)

Kompetenz im Strafverfahren

Mirko Laudon LL.M. ist Autor in diesem Standardwerk zum Strafverfahren, u.a. zur Beweiswürdigung im Zwischenverfahren und in der Hauptverhandlung.

Strafverteidigung ist Vertrauenssache! Deshalb stellt Rechtsanwalt Mirko Laudon LL.M. seine Expertise am liebsten in besonders schwierigen Konstellationen unter Beweis, die ein anderer Anwalt vielleicht schon im Ermittlungsverfahren für aussichtslos hielt. Sind Sie sich unsicher, ob Sie gut verteidigt sind? Fragen Sie uns gerne nach einer zweiten Meinung!

Es heißt, auf hoher See und vor Gericht sei man in Gottes Hand. Der Ausgang eines Strafverfahrens hängt aber nicht vom Schicksal ab, oder vom Glück, sondern von harter Arbeit zur Vermeidung einer Hauptverhandlung, Fleiß, genauer Aktenkenntnis, einer überlegten Strategie – und ganz am Ende braucht es eben noch ein kleines Quäntchen Glück.

  1. Vormbaum: Effektive Kontrolle oder überflüssige Schreibarbeit? Kritik des strafprozessualen Zwischenverfahrens und Möglichkeiten seiner Reform, ZIS 2015, 328 ↩︎
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